9.November.2021

Die stürmische Genialität von Van Morrisons Jahren bei BANG Records

1967 war ein stürmisches Jahr für Van Morrison. Er hatte gerade die Band Them verlassen und war auf sich alleine gestellt. Er zog nach New York und unterschrieb hastig einen Vertrag mit BANG Records und fing an, Hits wie „Brown Eyed Girl“ aufzunehmen. Am Anfang lief alles gut und die Zusammenarbeit mit Bert Berns, dem legendären Songschreiber und Produzenten von Hits wie „Twist and Shout“ und „Hang on Sloopy“, schien sich als großartige Möglichkeit zu erweisen. Leider hatte Van nicht bedacht, in welchem Umfang er die finanzielle und kreative Kontrolle an Bert abgetreten hatte. Ohne sich mit Van abzusprechen, veröffentliche Bert die eigentlich als Singles gedachten Songs auf dem Album Blowin‘ Your Mind!. Um das Ganze noch schlimmer zu machen, hatte Van zu diesem Zeitpunkt keinerlei Tantiemen für seine bereits veröffentlichten Songs erhalten. Wütend und enttäuscht wollte Van seinen Vertrag auflösen und für sein nächstes Studioalbum, das bahnbrechende Astral Weeks, zu Warner Brothers wechseln.


Gerüchten zufolge hat Van erst von der Veröffentlichung von Blowin‘ Your Mind! erfahren, als ein Freund das Album in einem Plattenladen entdeckte.

BANG Records zu verlassen war allerdings leichter gesagt als getan. Mit dem plötzlichen Tod von Bert einige Monate später endeten die kreativen Differenzen, die juristischen bestanden aber weiterhin in Form des Vertrags. Nach Berts Ableben kümmerte sich seine Witwe, Ilene Berns, um die Geschäfte bei BANG Records. Sie bestand darauf, dass Van erst den Vertrag erfüllen und die restlichen Songs aufnehmen müsse, bevor er mit den Aufnahmen zu Astral Weeks beginnen oder überhaupt wieder live auftreten könne. Aber wie Ilene noch lernen musste, sollte man manchmal vorsichtig mit dem sein, was man sich wünscht.

Van erfüllte den Vertrag, aber gab dem Begriff „vertraglich zu erfüllendes Album“ dabei eine ganz neue Bedeutung. Die 31 Songs wurden sehr wahrscheinlich alle an nur einem Nachmittag aufgenommen. Binnen einer knappen halben Stunde waren alle Songs offensichtlich innerhalb einer einzigen Aufnahme improvisiert und wurden mit zunehmender Laufzeit immer verwirrender. Bei einigen Songs, darunter „Twist and Shake“ und „Hang on Groovy“, bediente sich Van bei Riffs von Berts früheren Hits. In andere Songs, wie zum Beispiel „Want a Danish“ und „Ring Worm“, geht es um Dinge, die Van zu dem Zeitpunkt gerade zufällig in den Sinn kamen. Bei „Ring Worm“ wird beispielsweise eine unangenehme Diagnose überbracht, wobei in Referenz an Vans eher düsteren Song „T.B. Sheets“ angemerkt wird, dass es ja auch „etwas Schlimmeres hätte sein können“. Und dann gab es noch Songs wie „The Big Royalty Check“, in denen er Seitenhiebe gegen Bert und Ilene austeilte. Ob sich wohl jemals jemand bis zum Song „Freaky If You Got This Far“ durchgehört hat? Jedenfalls wurden die Aufnahmen lange Zeit nicht veröffentlicht. Erst in den 90er-Jahren erschien eine überarbeitete Version der Songs.

Natürlich waren diese Songs nie dafür gedacht, als Teil von Vans großem musikalischem Werk betrachtet zu werden, trotzdem erlauben sie uns doch einen Einblick in seinen kreativen Prozess und zeigen, wie es klingt, wenn man sich aus dem Stegreif Songs ausdenkt. Einige davon – darunter „Thirty Two“, in dem Van Berts manischen Produktionsprozess nachahmt – wirken fast wie Performance-Kunst. Andere Songs wie „Savoy Hollywood“ enthalten musikalische Ideen, die seinen frühen Singles stark ähneln. Sie bieten uns eine wichtige Lektion über Improvisation: Selbst wenn Musiker spontan sind, greifen sie auf eine Bibliothek aus Ideen zurück, die sie über jahrelanges Zuhören und Spielen aufgebaut haben. Wer Probleme beim Schreiben von Songs und keine Ideen hat, sollte sich daran erinnern, dass sich Van Morrison an einem Nachmittag 31 Songs (quasi) aus den Fingern sog, indem er seinen musikalischen Ideen, die er schon an anderer Stelle eingesetzt hatte, treu blieb, und daran arbeiten, die eigene Bibliothek aus Ideen aufzubauen.

Margaret Jones ist Multiinstrumentalistin, Songwriterin und Musiklehrerin aus Oakland, Kalifornien. Sie spielt Gitarre in mehreren Bands in ihrer Heimat, unter anderem in ihrem eigenen Songwriter-Projekt M Jones and the Melee. Sie hat an der UC Berkeley in Musikgeschichte promoviert und am San Francisco Conservatory of Music unterrichtet.

Moondance von Sahlgoode ist lizenziert unter CC BY-SA 2.0.

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