16.November.2021

Habe ich eine Gitarrensammlung oder habe ich ein Problem?

Von Dan Amrich

„Himmel – wie viele Gitarren hast du eigentlich?“

Jedes Mal wird das mit einer Mischung aus Ungläubigkeit, Unruhe und einem Hauch von Abfälligkeit gefragt. Doch die Art und Weise, wie gefragt wird, sagt mir auch, diese Person ihre Frage bereits selbst beantwortet hat: „Du hast zu viele Gitarren.“

Die Rechtfertigung für ihre Aufregung bringt mich jedes Mal zum Lachen: „Ich meine, du kannst sie ja nicht alle gleichzeitig spielen!“ Nun, das habe ich auch gar nicht vorgehabt. Ich bin immer versucht, als Gegenfrage zu bringen: „Warum hast du 20 verschiedene Lebensmittel im Kühlschrank? Du kannst sie ja nicht alle gleichzeitig essen!“

Aber ich kann es verstehen. Wir leben in einer Welt, in der Überfluss gefeiert wird, in der das einzige Ziel für manche Leute „mehr“ ist. Wenn Leute also erfahren, dass ich immer etwa 20 Gitarren und Bässe besitze, löst das gewöhnlich mehr als Neugierde und Überraschung aus – es wird regelrecht ein Urteil gebildet. Indem sie fragen, „Wie viele?“, fragen sie eigentlich, „Wieso?“

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Meine ESP-Halbakustik-Gitarre habe ich immer „hoch besaitet“ im sogenannten Nashville-Tuning – sie ist eine angenehme Gitarre, die ich nur dann benutze, wenn ich musikalisches Neuland betrete.

Es hängt davon ab, ob man einen Musiker oder einen Gitarrensammler fragt. Der Sammler ist an einem Objekt interessiert, weil es eine bestimmte Mischung aus ästhetischen Qualitäten, Handwerkskunst, Konstruktionsweise und Seltenheit besitzt – es ist funktionelle Kunst, und der Sammler schätzt das Objekt auf verschiedenen Ebenen. Der Musiker ist im Allgemeinen mehr daran interessiert, was er mit dem Objekt anfangen kann. Von den Funktionen über die Gestaltung bis hin zu Ergonomie und Gefühl suchen Musiker das Instrument, das zu ihnen „passt“ – ein angenehmes Werkzeug, das sich wie eine Erweiterung des eigenen Körpers anfühlt, mit dem man der eigenen Kreativität Ausdruck verleihen kann. Beziehungen zu Gitarren sind jedoch selten monogam; die Suche nach „der Einen“ führt also häufig zu vielen.

Und dort, wo der Sammler und der Musiker sich überschneiden, entsteht die emotionale Verbindung zur Gitarre. Viele Songwriter beschreiben wunderschöne Momente, in denen „der Song einfach aus der Gitarre entstand, sobald ich sie mir genommen habe.“ Die richtige Gitarre inspiriert, macht ihren Besitzer produktiv, kreativ – glücklich. Und wer möchte nicht gerne noch glücklicher sein?

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Im Gegensatz dazu ist der Ernie Ball Music Man von meiner Frau wortwörtlich der einzige Bass, den sie spielen oder gar besitzen möchte. Sie hat \„den Einen“ gefunden.

Übrigens hat meine Frau Kat meine Gitarrensammlung immer unterstützt. Trotzdem stellt sie jedes Mal eine praxisorientierte Frage: „Was kann diese hier, was die anderen nicht können?“ Habe ich schon etwas Ähnliches und wird die neue Gitarre diesen Platz als ein Upgrade einnehmen? Ist dies ein neuer Zugang zu meinem kreativen Ausdruck oder nur etwas Glänzendes, das ich auch wertschätzen kann, ohne es selbst zu besitzen?

Letztendlich bin ich zur Hälfte Musiker und zur anderen Hälfte Sammler. Ich lasse mich von den verschiedenen Formen und Konfigurationen inspirieren. Eine Akustikgitarre mit 12 Saiten spricht mich anders an als ein Kurz-Saiten-Bass, aber ich weiß auch eine klassische Gitarre zu schätzen oder ein innovatives Design und, ja, auch eine knallige Farbe. Aber ich behalte nichts, was mich nicht regelmäßig inspiriert. Alles hier wird entweder gespielt, oder es fliegt raus.

Und das ist das, was die meisten Leute überrascht. Ich besitze nicht viele Gitarren, um viele Gitarren zu besitzen – aber ich glaube, dass die meisten Leute genau das glauben. Und dann lade ich die Leute immer ein, herzukommen, um auf ein paar davon zu spielen und vielleicht eine Verbindung herzustellen, damit sie es verstehen können.

Dan AmrichDan Amrich begann seine Karriere im Musikjournalismus bei den Zeitschriften Guitar World und Country Guitar. Er ist der Co-Creator von Princess Leia's Stolen Death Star Plans und der Creator, Songwriter und Bürgermeister von Hero Falls. Seit 2014 ist er Mitglied im Team von Ubisoft San Francisco.

Alle Gitarrenfotos von Katrin Auch. Mit freundlicher Genehmigung verwendet.

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