24.June.2021

Wie Françoise Hardy zuerst ein Genre und dann sich selbst neu erfand

Über einen Zeitraum von 60 Jahren umfasst Françoise Hardys Karriere als Songwriterin, Schauspielerin und Autorin zahlreiche musikalischen, stilistischen und kulturellen Evolutionen. Françoise sammelte erste Erfahrungen in der französischen Musikszene der frühen 1960er-Jahre als Anhängerin der neu aufkommenden Yéyé-Bewegung. Der Begriff geht auf den „Yeah yeah yeah“-Gesang von Bands der British Invasion zurück, der wiederum tief in der französischen Jugendkultur verankert war. Allerdings hob sie sich schon bald von anderen Künstlern ab, indem sie ihre eigene Musik schrieb und sich dabei selbst auf der Gitarre begleitete. So beschritt sie einen Pfad größerer Unabhängigkeit, auf dem sie mehr Kontrolle über ihr Schaffen hatte als ihre Zeitgenossen.

Die meisten Songs des Yéyé-Genres setzten sich auf unbeschwerte Weise mit den Erfahrungen junger Liebe auseinander. Françoises Songs aus den 1960er-Jahren – wie etwa ihr Hit „Tous les garçons et les filles“, der ihr zum Durchbruch verhalf – trugen dazu bei, das Genre zu prägen, allerdings wichen sie auch leicht vom Mainstream ab. Die trällernde Stimmung des Songs täuscht über den sehnsuchtsvollen Liedtext hinweg, in dem Françoise ihre Einsamkeit beklagt und sich die Frage stellt, ob sie auch dieselbe Art von Liebe finden würde wie andere junge Leute. Ihr lässiger Gesang bringt in Kombination mit der reduzierten Begleitung feine Nuancen im Text hervor und verleiht dem Lied so eine unterschwellige Unabhängigkeit und Stärke.


Françoise nahm diesen Song im Laufe der 1960er-Jahre zudem noch in englischer, italienischer und deutscher Sprache auf.

Im Gegensatz dazu singt Françoise in „Tu n‘as qu‘un mot à dire“ auf ihrem zweiten Album, das nach der Sängerin selbst benannt ist (manchmal auch als Mon amie la rose bekannt) zu einem Liebhaber, der sie verlassen hat. Dabei drücken die emotionsgeladenen Saiteninstrumente in gleichem Maße Trauer und Hoffnung aus. Die Bendings des Gitarrensolos unterstreichen das Gefühl von Ungleichgewicht, indem sie durch konsonierende Noten gleiten und sich zwischen angenehmen und unangenehmen Intervallen bewegen.

  • Mon amie la rose stellt eine Abkehr von ihrem Debütalbum dar und rückt einen stärkeren Einsatz von Instrumenten und eindringlichere Performances in den Vordergrund. *

Die Alben der 1960er-Jahre haben Françoise zwar als ernst zu nehmende Größe im Musikgeschäft etabliert, aber sie wollte sich nicht von ihren frühen Erfolgen in eine Schublade stecken lassen. Während Psychedelic im Laufe des Jahrzehnts immer populärer wurde, entwickelte Françoise einen neuen Sound und fragte Valeniza Zagni da Silva, eine brasilianische Sängerin und Gitarristin, die unter dem Künstlernamen Tuca auftrat, für gemeinsame Aufnahmen an. Das Ergebnis war La question. Obwohl La question mit einer ebenso spärlichen Instrumentation aufwartet wie Françoises frühere Alben, schlägt es einen deutlich anderen Ton an. Der Bassriff zu Beginn von „Viens“ vermittelt eine aggressive Eindringlichkeit und unterstreicht so ein noch inständigeres und aufgewühlteres Gefühl von Verlangen in dem Liedtext. Die reduzierte Instrumentation gibt Françoises Stimme genug Raum, sich auf eindringliche, ungeschützte und verletzliche Weise Ausdruck zu verleihen.

In den folgenden Jahren sollte Françoise noch an vielen weiteren Alben, Filmen, Modelinien und Texten mitwirken. Allerdings stellte 1972 einen Wendepunkt für Françoise dar, da sie sich entschieden von einem Trend abwendete, den sie selbst mitgeprägt hatte. Ihr Schaffen steht sowohl für Erfindung als auch für Neuerfindung. Ihre Stimme (sowohl als Sängerin als auch als Songwriterin) erklang im Laufe ihrer Karriere in vielen unterschiedlichen Stilen. Es ist gut, mit dem eigenen Sound zu experimentieren und Neues auszuprobieren. Solange man sich dabei selbst treu bleibt, verschafft sich die wahre Stimme immer klar und deutlich Gehör.

Margaret Jones ist Multiinstrumentalistin, Songwriterin und Musiklehrerin aus Oakland, Kalifornien. Sie spielt Gitarre in mehreren Bands in ihrer Heimat, unter anderem in ihrem eigenen Songwriter-Projekt M Jones and the Melee. Sie hat an der UC Berkeley in Musikgeschichte promoviert und am San Francisco Conservatory of Music unterrichtet.

„Françoise Hardy in Amsterdam, 16 December 1969“ von Joost Evers ist lizenziert unter CC0 1.0.

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