Hearts Album Little Queen von 1977 hätte fast nie das Licht der Welt erblickt – zumindest nicht in der Variante, wie man es heute hören kann. Nach „Magic Man“ und dem Erfolg des Debütalbums Dreamboat Annie baute Heart seinen Ruf als Rockband aus, doch ein Rechtsstreit mit dem früheren Label drohte, das Folgealbum zu sabotieren. Die Folgen des Rechtsstreits um die Produktion von Little Queen unterstreichen, wie sich Musik und persönliche Überzeugungen gegenseitig verstärken können.
Die Beziehung zwischen Heart und Mushroom Records hatte aufgrund der Marketingstrategie des Labels, bei der die Band für die Vermarktung von Dreamboat Annie übermäßig sexualisiert wurde, einen Dämpfer verpasst bekommen. Nennenswert ist hier eine ganzseitige Werbeanzeige mit einem zweideutigen Foto der Schwestern Ann und Nancy Wilson mit einer Überschrift, die andeutete, dass die beiden eine Liebesbeziehung hätten. Erbost darüber, dass das Label die Band falsch darstellte und ihre Musik sowie die lyrischen Inhalte der Lieder untergrub, verfasste Ann den Songtext, der später der Eröffnungssong von Little Queen werden sollte: Barracuda. Daraufhin trennte sich die Band vom Plattenlabel und wurde von CBS‘ Portrait Records aufgenommen, wo sie mit der Produktion für Little Queen begannen.
„Kick It Out“ verkörpert die Geisteshaltung, sich gegen die patriarchalischen Zwänge zu wehren. Die Protagonistin lebt ein Leben in Ablehnung der durch die Gesellschaft auferlegten Regeln.
Doch hier wird es kompliziert. Als Heart noch bei Mushroom unter Vertrag war, hatte die Band bereits damit begonnen, an ihrem neuen Album namens Magazine zu arbeiten. Als sich die Band vom Label löste, ließ sie ein in Teilen aufgenommenes Album sowie wütende Manager zurück, die ihnen Vertragsbruch vorwarfen. Als Akt der Vergeltung veröffentlichte Mushroom eine halb fertige Version von Magazine, die aus Live-Aufnahmen und unausgereiften Songdemos zusammengestückelt wurde – und zwar größtenteils ohne das Einverständnis der Band. Mushroom versuchte darüber hinaus, die Produktion von Little Queen durch Einreichen einer Klage vollständig zu stoppen, wohl wissend, dass Heart keine weiteren Aufnahmen durchführen konnte, solange der Fall nicht vor Gericht beigelegt wurde. Anstatt zu riskieren, während des Verfahrens wertvolle Zeit zu verlieren, nahm Heart das Album vor den Gerichtsterminen auf. Infolgedessen wurden die gesamten Aufnahmen für Little Queen in der kurzen Zeitspanne von nur drei Wochen abgeschlossen.
Die durch diese Turbulenzen auferlegten Einschränkungen erfüllten Little Queen mit solch einer wilden Energie, dass das Statement, welches Sexismus in der Musikbranche behandelte, zu einem entschlossenen Akt der Auflehnung wurde. Die emotionale Bandbreite des Albums neigt sich stärker in die Elemente, vor der die Manager von Mushroom die Augen verschließen wollten: die Aggression von „Barracuda“, Nancys virtuoses Akustikgitarrenspiel bei introspektiven Songs wie „Love Alive“, die klangliche Prahlerei von „Kick It Out“ und Anns unvergleichliche Gesangskünste. Man hört eindeutig, wie Heart fordern – nicht wünschen –, als Musiker ernst genommen zu werden, und darauf bestehen, gehört zu werden und selber bestimmen zu können, wie sie von der Welt wahrgenommen werden.
Da die Gerichte urteilten, dass Heart Mushroom ein Album schuldig war, nahm die Band Magazine 1978 neu für das Label auf, bevor sich endgültig ihre Wege trennten. Hearts beste Vergeltung war ihr Erfolg: Während Mushroom wenige Jahre später aufgelöst wurde, wurde Little Queen – das Album, das die Band zu eigenen Bedingungen aufgenommen hatte – dreimal mit Platin ausgezeichnet.
*Margaret Jones ist Multiinstrumentalistin, Songwriterin und Musiklehrerin aus Oakland, Kalifornien. Sie spielt Gitarre in mehreren Bands in ihrer Heimat, unter anderem in ihrem eigenen Songwriter-Projekt M Jones and the Melee. Sie hat an der UC Berkeley in Musikgeschichte promoviert und am San Francisco Conservatory of Music unterrichtet. *
„Nancy Wilson and Roger Fisher - Heart - 1978“ von Jim Summaria ist lizenziert unter CC BY-SA 3.0.
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