9.March.2022

Die gefühlvollen Geheimnisse von Annie Lennox‘ „Why“

Für einige bleibt Annie Lennox auf ewig die Frontsängerin der 80er-Jahre-Synthpop-Band Eurythmics, die mit ihrem ikonischen Look aus orangefarbener Kurzhaarfrisur und streng sitzenden Anzügen eindringliche Songtexte singt. Aber VH1 nannte sie die „größte lebende weiße Soulsängerin“, nicht zuletzt wegen ihres Debütalbums Diva, das 1992 erschien und in den USA mit Doppelplatin sowie Vierfach-Platin im Vereinigten Königreich ausgezeichnet wurde. Mit den gefühlvollen Texten der ersten Single-Auskopplung „Why“ stellte Lennox ihre weichere und introvertiertere Seite zur Schau, ganz anders als ihre dominante Darbietung in „Missionary Man“ zuvor.

Die besinnlichen, streicherähnlichen Synth-Klänge und das Piano-Intro von „Why“ ebnen den Weg für die volle dreiteilige Gesangsharmonie, die den Titel des Songs anstimmt und dadurch das Gefühl vermittelt, man würde einem himmlischen Gospelchor lauschen. Diese Passage wird später zum Refrain des Songs. Lennox singt alle drei Teile als Akkorde. Der erste Akkord wird in der ersten Umkehrung von C-Dur gesungen, wodurch der dritte Teil des Akkords (E) zum untersten Ton wird, der fünfte (G) zum mittleren und der Grundton (C) zum höchsten Ton. Die Chorpassage endet auf einem A-Moll-Akkord, ebenfalls in seiner ersten Umkehrung. In diesem Fall wird der dritte Teil des Akkords (C) zum untersten Ton, der fünfte (E) zum mittleren und der Grundton (A) zum höchsten Ton.

Hierbei ist es wichtig hervorzuheben, dass C-Dur und A-Moll sogenannte Parallelklänge sind, also A-Moll die Mollparallele zu C-Dur darstellt. Das bedeutet, dass sich die Tonleitern von C-Dur und A-Moll die gleichen Töne teilen, sie nur in einer anderen Reihenfolge angeordnet sind. Aus der Sicht einer Songwriterin ermöglichen Akkorde, die relativ nah beieinander sind, sanftere Übergange – schließlich verwenden sie die gleiche Tonleiter und passen vom Klang her gut zueinander. Der Wechsel zwischen Dur und Moll mit relativ nahen Akkorden gibt dem Song Farbe und Gefühl: Man kann die Stimmung eines Songs radikal ändern, aber gleichzeitig in der „heimischen“ Tonleiter bleiben.

Ein drastischer Tonartwechsel von C-Dur zu D-Dur erfolgt ab Minute 1:25 und unterstreicht das Gefühl von Selbstzweifel, das in Lennox‘ Text deutlich wird: "I tell myself too many times, why don‘t you ever learn to keep your big mouth shut?“ („Ich frage mich viel zu oft, warum ich es nicht schaffe, meine große Klappe zu halten?“). Die Stimmung beruhigt sich danach wieder und geht bei der Zeile „Falling from your mouth“ sanft in C-Dur über. Dieser Tonart-Wechsel wiederholt sich später im Song, nachdem der wunderschöne dreiteilige Chor erneut angestimmte wurde. Dieses Mal setzt Lennox ihre Hauptstimme mit voller Kraft ein und singt darüber, bis der Song sein dramatisches Finale erreicht und sie uns am Ende zuflüstert: „You don‘t know what I feel“ („Du weißt nicht, was ich fühle“). Es ist ein eindrucksvoller, emotional aufgeladener Schluss für eine der besten Balladen ihrer Solo-Karriere.

Leila Abdul-Rauf ist eine Multiinstrumentalistin und Komponistin aus Oakland, Kalifornien. Leila ist Gitarristin und Sängerin für die Metal-Bands Vastum und Hammers of Misfortune sowie die „Ethereal Post-Punk“-Band Terebellum. Sie komponiert und produziert zudem Hintergrundmusik unter ihrem eigenen Namen und zusammen mit dem Electronic-Trio Ionophore. Leila war international auf Touren unterwegs und ist in ihrer Freizeit Gitarren- und Gesangslehrerin.

"Annie Lennox DNP" von Britt Berger ist lizenziert unter CC BY-SA 3.0.

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